Die Nacht blieb ruhig, Alarm erst am Vormittag. Punkt zehn hat jemand den Wind eingeschaltet. Och nee, jeden Morgen das gleiche, ab 10 Uhr Windalarm und heute deutlich stärker. Ducken bringt nicht viel. Um ihm weniger Angriffsfläche zu bieten, müssten wir das Gepäck schrumpfen, aber da sind ja die ganzen Schätze drin. Also kriechen wir ihm entgegen.
Wenigstens brauchen wir DEN nicht zu fürchten, die lustigen Carabinieri-Blitzer begleiten uns schon durch ganz Italien.
An Ravenna kann man nicht einfach vorbeifahren, da muss natürlich eine Sightseeing Schleife her und es gibt vieles zu entdecken.
Wir zockeln über diverse Nebenstraßen. Der Asphalt ist oft so schlecht, dass man entspannter über Kopfsteinpflaster gleiten würde. Müd gestrampelt kommen wir hier an. Es ist wohl noch recht früh, aber der nächste Ort liegt 40 km entfernt und darauf haben wir echt keinen Bock mehr.
Im Hotel Central ist auch jemand müd. Die schon etwas betagte Besitzerin macht auf der Couch im Flur ein Nickerchen. Und ja, sie hat ein Zimmer. Unsere Namen und die Nummern unserer Personalausweise schreibt sie mit der Lupe ab, Buchstabe für Buchstabe, ganz langsam und exakt, Zahl um Zahl, dann reicht sie uns den Schlüssel. „Erstes Stockwerk, rechts“. Der Schlüssel passt, aber im Zimmer lebt offensichtlich jemand. Sie hat uns dann die Nummer 13 gegeben, ein Stockwerk höher, da ist frei.
Duschen, umziehen und ein Spaziergang durch Argento, das nicht sonderlich viel zu bieten hat, trotz des versilberten Namens. Nur der Friedhof hat es uns angetan. Die Familiengräber haben die Größe kleiner Häuser. Es wohnen ja auch viele Seelen darin, und das teils schon sehr lange wenn man z. B. auf die Geburtsdaten von 1849 stößt …
Die Urnengräber zieren bunte Plastikblumen, überall stehen Leitern, damit man auch die oberen schmücken kann. Es ist so eine seltsame aber ganz besondere Atmosphäre im Abendlicht vor Sonnenuntergang. Von jedem Verstorbenen ein Foto, man schaut sie an und überlegt, was das für Menschen gewesen sein könnten. Ein bisschen fühlt man sich auch als Eindringling und wird von tausend Augen beobachtet.
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